Cook and Chill – aber richtig. Wer täglich mit seinem Team für (Beispiel aus der Praxis) rund 300 Patienten, 250 Mitarbeitende, 120 externe Gäste, 35 Kita-Kinder und 60 Mahlzeiten für den externen Mahlzeitendienst produziert, kocht in etwa 800 Mahlzeiten mittags – und rund 500 Mahlzeiten abends. Diese sind dann noch unterteilt in 25–30 unterschiedliche Komponenten für drei verschiedene Zielgruppen. Täglich, 365 Tage. Und hier sind die vielfältigen Sonderkostformen sowie interne und externe Apéros und Buffets noch nicht mal eingerechnet. Liebe Spitalräte, Direktoren, Geschäftsleitungsmitglieder und andere – den Verpflegungsprozessen ferne – Foodgeniesser, ich hoffe, dass Ihnen jetzt klar wird, warum wir in unseren Küchen stringent aufeinander abgestimmte technische und menschliche Top-Ressourcen benötigen.
Der heutige Arbeitsmarkt in diesem Bereich ähnelt jedoch einer wüstenartigen Landschaft mit nur noch ganz wenigen Oasen. Hier muss unsere Wertschätzung gegenüber diesen grossartigen Leistungen viel mehr und aktiv gezeigt werden. Applaus verteilt hier nur die schlechte Luft im Raum und ist auch hier nicht genug. Es muss der Mix aus Technik, solidem Handwerk, Leistungswillen und aktuellem Know-how bei den bestehenden Mitarbeitenden gefordert und gefördert werden. Einer der menschlich ressourcenschonendsten Produktionsprozesse ist heute das 2-stufige Präzisionskochen – allgemein als «cook & chill» bezeichnet. Worauf ist aber bei einer Umstellung von der warmen auf die kalte Linie besonders zu achten, damit diese nicht zu einem Wertvernichtungspotenzial wird? Neben den in den beiden letzten Artikeln genannten Prozessschritten – Angebotsgestaltung (H + S Ausgabe 3/2021) und den «make or buy»-Entscheiden (H + S Ausgabe 4/2021) hat bei dieser Produktionstechnik die Zeitentkoppelung beziehungsweie die Zeitspanne zwischen der Cook & Chill-Produktion und dem Menütag höchste Priorität. Bewährt haben sich in der Praxis drei Hauptproduktionstage pro Woche, an welchen für jeweils sieben Menütage produziert wird. Dies stellt die Stufe 1 des 2-stufigen Präzisionskochprozesses dar. Hier ein Beispiel:
Hauptproduktionstage sind Dienstag, Mittwoch und Donnerstag
- Dienstag, da hier die Warenverfügbarkeit besser gewährleistet ist als am Montag, werden die Komponenten für die Menütage Freitag und Samstag produziert.
- Mittwoch läuft die Produktion für die Menütage Sonntag, Montag und
- Dienstag und am Donnerstag wird für Mittwoch und Donnerstag der Folgewoche gekocht.
Die Zeitentkoppelung bei dieser Planung ist P + 3 bis P + 7 (Produktionstag plus Lagertage bis zum Menütag). Ja, aber was machen denn die Köche an den anderen Tagen? Diese Frage habe ich jetzt bei Ihnen aufblitzen gesehen. Nein, es gibt keinen Stellenabbau! Dafür neue, durchgehende Dienste ohne Zimmerstunde, flexible und attraktive Arbeitszeiten im Rahmen eines Ganzjahresarbeitszeitplanes und natürlich entspanntere Produktionstage in der Küche, die Zeit für neue Rezeptkreationen freischaufeln. Dass diese Prozesse Investitionen in modernste Kochtechnik sowie aktueller Küchensoftware voraussetzt, erstaunt nicht wirklich.
Exakt dasselbe Augenmerk ist der 2-ten Stufe des Präzisionskochprozesses geschuldet. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Speisen ab einem Buffet geschöpft, auf Tabletts serviert oder via Familientisch den Weg auf die Teller der Gäste finden. Der «perfekte» Teller bildet die Basis, sämtliche Prozessschritte in umgekehrter Anordnung zu definieren. Hier spielen die Temperaturkurven im Regenerationsprozess die entscheidende Rolle. Und dafür ist den Produktionsteams auch die notwendige Testzeit einzuräumen.
Wer zukünftig in seiner Institution im Bereich Verpflegung mit eigenen Mitarbeitenden punkten möchte, muss sich und sein Team auf die neuen Prozesstechniken einstimmen. Viele namhafte Caterer haben diese Schritte bereits vollzogen und stehen in den Startlöchern.
Es ist in unserem Sinne, die Arbeitsplätze in den Küchen unserer Institutionen so auszugestalten, dass die kochinteressierten jungen Menschen moderne, spannende Infrastrukturen vorfinden. Und durch die freiwerdenden Zeitfenster bleibt auch den Ausbildnern mehr Raum für Schulungen, um beispielsweise einen klassischen Jus anzusetzen, welcher dann mit einem Pulvermix gegendegustiert werden kann. Aber bitte eine ganze Kesselladung kochen, heiss – im Hot Fill System (P + 21) abfüllen und für die nächsten 3–4 Sauceneinsätze im Kühlhaus lagern. So werden Ressourcen geschont und Werte geschöpft.